Name | Baar [1][2][3] | ||||||||||
Phonetik |
ts bār, u᪷f bār [1]
|
||||||||||
Sprachatlas der deutschen Schweiz
Eigenbezeichnung:
ts bā᪷r
Fremdbezeichnung:
bār
(Dietwil)
|
|||||||||||
Ortstyp | Gemeinde [4] | ||||||||||
Kanton | Zug [4] | ||||||||||
Beschreibung | Dorf und Gemeinde (Stadt), zu der auch die Fraktionen Bligischdorf, Inwil und Allenwinden gehören. Baar war im Ancien Régime (bis 1798) eine der freien, nicht von der Stadt Zug abhängigen [...] (weiterlesen)Dorf und Gemeinde (Stadt), zu der auch die Fraktionen Bligischdorf, Inwil und Allenwinden gehören. Baar war im Ancien Régime (bis 1798) eine der freien, nicht von der Stadt Zug abhängigen Gemeinden des sogenannten Äusseren Amtes («Alt fry Baar»). Die Baarer St.-Martins-Kirche, die ins 7./8. Jh. zurückreicht, und grosse frühmittelalterliche Friedhöfe bei der Kirche sowie an der Frühbergstrasse (rund 650 m nördlich der Kirche), beide ins 7. Jh. datiert, weisen den Ort als frühmittelalterliches Siedlungszentrum aus; archäologisch sind im Dorfgebiet Siedlungen seit der Jungsteinzeit (um 3200 v. Chr.) nachgewiesen (s. unten). Baar-Dorf ist der Name einer der fünf Baarer Korporationen. Von der Mitte des 13. Jh. bis sicher ins 16. Jh. ist der Bei- oder Familienname Barrer 'aus Baar stammend' bezeugt. (weniger anzeigen) [1] | ||||||||||
Deutung | Zuger Namenbuch Wie die historischen Belege zeigen, war der Name Baar ursprünglich zweisilbig und hatte, wie sich aus dem regelmässig geminierten -rr- ergibt, kurzen Stammvokal. Im Auslaut steht in den ältesten Belegen [...] (weiterlesen)Wie die historischen Belege zeigen, war der Name Baar ursprünglich zweisilbig und hatte, wie sich aus dem regelmässig geminierten -rr- ergibt, kurzen Stammvokal. Im Auslaut steht in den ältesten Belegen -a oder -o, was aus der Schreibsprache Latein (Ablativ der a- resp. o-Deklination), Letzteres auch als Endung des lokativischen Dativs der starken ahd. ô-Feminina verstanden werden kann. Die volltonigen Auslautvokale -a und -o kann ich in meinem Material bis ins 15. Jh. belegen. Erstmals 1178, häufiger seit 1240 zeigen die Belege die reduzierte Endung -e. 1283 ist erstmals die einsilbige Form Barr original bezeugt. Der Schwund des auslautenden Vokals ist das Ergebnis der sogenannten «frühneuhochdeutschen Apokope», die – ausgehend vom bairischen Sprachraum – seit dem 13. Jh. in den ober- und mitteldeutschen Mundarten wirksam wurde. Die einsilbige Form wird allerdings erst in der zweiten Hälfte des 14. Jh. häufiger, und zweisilbiges Barre kommt vereinzelt bis gegen Ende des 15. Jh. vor. Seit dem frühen 14. Jh., vermehrt dann im 15. Jh. weisen Schreibungen mit -â- oder nicht geminiertem -r auf die Dehnung des Stammvokals hin. Diese Entwicklung steht im grösseren Zusammenhang der «neuhochdeutschen Dehnung», die das Oberdeutsche im 14. Jh. zu erfassen begann: Alte Kurzvokale in offener Silbe wurden gedehnt, wobei diese Entwicklung analogisch auch in anderen Fällen eintrat. Richtig zum Durchbruch kam die gelängte Lautung offenbar aber erst in nachmittelalterlicher Zeit: Schreibungen mit -rr lassen sich noch weit ins 16. Jh. hinein belegen, und erst seit ca. 1600 wird in einheimischen Quellen die heutige Schreibform Baar allmählich häufiger. Baar ist – wie der Dorfname → Cham und der Flussname → Lorzen – ein Name aus der Zeit der keltischen Helvetier (5.–1. Jh. v. Chr.) und gehört zu den ältesten Ortsnamen des Kantons Zug. Keltisch *barr- u. ä. bedeutet 'Spitze, Gipfel, Anhöhe' (< indoeuropäisch *bhares- u. ä. 'Emporstehendes, Spitze'), und als Ortsname bezeichnet keltisch *barros eine Anhöhe oder einen Ort, der auf oder bei einer Anhöhe gelegen ist. Namengebend war in unserem Falle die → Baarburg, eine tafelbergartige Erhebung rund 2,5 km nordöstlich des heutigen Dorfzentrums, die gut zweihundert Höhenmeter über ihre Umgebung hinausragt und deren flaches Gipfelplateau ringsum durch Felsstufen und steile Abhänge begrenzt ist. Die archäologische Forschung hat auf dieser natürlich geschützten Hochfläche urgeschichtliche Spuren nachweisen können, die sicher bis in die mittlere Bronzezeit (1550–1300 v. Chr.) zurück reichen (s. dazu den Textkasten S. ). In unserem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass auch die frühkeltische Epoche (um 500 v. Chr.) dokumentiert ist. Unter den Funden aus dieser Zeit liess sich Keramik nachweisen, die auf der Drehscheibe hergestellt wurde und zu den ältesten bekannten Zeugnissen dieser Töpfertechnik nördlich der Alpen zählt. Frühe scheibengedrehte Keramik gilt als Hinweis auf Siedlungen mit überregionaler Bedeutung (sogenannte «Zentralsiedlungen» oder «Fürstensitze»). Auch im heutigen Dorfgebiet von Baar wurde nach archäologischen Befunden bereits um 3200 v. Chr., in der Jungsteinzeit (Neolithikum), gesiedelt. Die keltische Epoche ist hier u. a. durch einen 2004 entdeckten Friedhof am südöstlichen Rand des heutigen Dorfes bezeugt. Baar und die Baarburg waren in keltischer Zeit also sicher besiedelt. Die keltische Erklärung des Namens Baar wird nicht nur durch die Ergebnisse der archäologischen Forschung gestützt, sondern auch durch den ebenfalls keltischen Namen der → Lorzen, die an der Baarburg und an Baar vorbeifliesst und die ihren Namen mit der Bedeutung 'Fluss, der viel Geschiebe mit sich führt' wohl hier erhielt. Überregional betrachtet fügt sich Baar in eine Reihe von Ortsnamen im gallischen Frankreich, im Elsass und im Piemont ein, die zu einem keltischen Namentypus *Barros zusammengefasst werden; im französischsprachigen Raum sind verschiedene *barros-Namen als Bar-sur-… deutlich als Höhensiedlungen charakterisiert. Das zugerische Baar ist der östlichste Vertreter dieses keltischen Typus. Ebenfalls weit im Osten und in einem heute alemannischen Gebiet liegt Barr im südlichen Elsass (nahe Schlettstadt/Sélestat). – Belege mit der Namenform Barra, Barro: 1045 (cop. 16. Jh.) vor 1227 1228 vor 1232 1233 – Belege mit der Namenform Barre u. ä.: 1178 (cop. 16. Jh.) 1240 1240 1305 1379 – Belege mit der Namenform Barr: 1283 1340/41 1343 1352 1495/97 – Belege mit (vermutlich) gelängtem Stammvokal: 1305 1340/41 1368 1379 1393/96 1596 1603 und folgende (weniger anzeigen) [1] | ||||||||||
Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen Brandstetter (1903: 367) erwähnt verschiedene Deutungen des 19. Jahrhunderts (eine Herleitung von einem nicht belegten althochdeutschen *baro «Wald», oder von bar «nackt» im Sinne von «nackte, abgeholzte Landstrecke», [...] (weiterlesen)Brandstetter (1903: 367) erwähnt verschiedene Deutungen des 19. Jahrhunderts (eine Herleitung von einem nicht belegten althochdeutschen *baro «Wald», oder von bar «nackt» im Sinne von «nackte, abgeholzte Landstrecke», welches in dieser Bedeutung ebenfalls nie belegt ist); beide Erklärungen werden zu Recht abgelehnt. Brandstetter selbst führt den Namen zurück auf ein althochdeutsches para, bara, mittelhochdeutsch bar «Schranke, Schlagbaum, Riegel; eingehegtes Land», welches auch dem französischen barre, englisch bar zugrunde liegen soll. In der Bedeutung «Schranken des Gerichtes» soll sich der Name auf den Platz bei der Kirche von Baar beziehen, wo die Alemannen unter freiem Himmel Gerichtstage abgehalten haben sollen. Diese Erklärung wird von Oettli (1945: 130) leicht modifiziert wieder aufgenommen. Laut Oettli war in Baar «solange es noch unter Österreich stand, bei der linken Seitentür der Kirche ein Platz als Landgerichtsstätte umfriedet; für umfrieden kann man ein romanisches Zeitwort barrare erschliessen und davon den Namen Baar erst für die Umfriedung, dann für den Ort ableiten». Laut Boesch (1977c: 53) soll sich Baar von keltisch barros «Buschhecke, Heckenzaun, Zaun» herleiten, der «galloromanischen Vorlage des frz. bar» (sic); eine Rechtsbedeutung wäre sekundär. Gemäss Saladin (1943a: 3s) bedeutet der Name «durch Höhenlage geborgener Ort, Fluchtburg, Burg im heutigen Sinn, ummauerte Stadt». Der Name wird mit altfranzösisch bar «Verschanzung, Wegsperre, Zollstation, Kastell» in Zusammenhang gebracht und auf keltisch barsos, barros «hoch» zurückgeführt. Diese Deutung wird von Dittli (1992: 56s) präzisiert: Baar gehört wie z.B. Bar-le-Duc, Bar-sur-Aube (Frankreich) zu keltisch barr «Spitze, Gipfel» (< indoeuropäisch *bhares- u.ä. «Emporstehendes, Spitze»), in Ortsnamen *barr- «auf einer Anhöhe gelegen, hochgelegener Ort». Laut Dittli war für die Namengebung nicht die Lage der heutigen Ortschaft ausschlaggebend, sondern die nordöstlich von Baar gelegene Baarburg, wo latènezeitliche und römische Spuren nachgewiesen sind. Der Name wurde später auf die Siedlung am Fusse der Baarburg übertragen. Brandstetters Erklärung ist – auch in der revidierten Form von Oettli – linguistisch und historisch unhaltbar. Französisch barre «Stange, Schranke» und das aus dem Anglonormannischen entlehnte englische bar gehen auf ein vulgärlateinisches Etymon *barra vorlateinischer Herkunft zurück, das sich auch im Spanischen, Katalanischen, Okzitanischen und Italienischen findet und kaum keltischer Herkunft ist. Dieser Worttyp bezieht sich in Ortsnamen auf Bollwerke, Festungen und Bergzüge (Vincent, §783). «Eingefriedete Plätze» werden mit diesem Worttyp nicht bezeichnet. Die juristische Bedeutung dieses Worttyps ist sekundär und erst seit dem 12. Jahrhundert belegt; sie findet sich nicht in Ortsnamen. Eine Verwendung von *barra zur Bezeichnung eines Richtplatzes seit alemannischer Frühzeit ist ausgeschlossen; auch ist der Ortsname schon zu einer Zeit belegt, in der von «österreichischem Besitz» nicht die Rede sein kann. Boeschs Erklärung ist abzulehnen. Sie vermengt zwei völlig verschiedene Worttypen: das vorromanische feminine *barra «Riegel, Schranke» (> französisch barre) und das maskuline keltische *barros «Kopf, Spitze, Gipfel», in Ortsnamen auch «Erhebung» (zur indoeuropäischen Wurzel *bhers- «Spitze, Gipfel, First»; cf. Delamarre 2001: 59). Saladins und Dittlis Erklärung ist historisch, geographisch und linguistisch überzeugend. Baar ist ein Ortsname keltischen Ursprungs, welcher durch eine romanischsprachige Bevölkerung ins Alemannische vermittelt wurde. Er bedeutet «auf einer Anhöhe gelegener Ort, hochgelegener Ort» und bezieht sich ursprünglich auf die durch steile Abhänge gesicherte Baarburg. Später wurde der Name auf die heutige Siedlung übertragen. gs/ks(weniger anzeigen) [3] | |||||||||||
Quellen
|
Zuger Namenbuch
1305: von Bârre (QW 1, 2, 190, Nr. 383 (Regest))
1603: zů Baar (StA. ZG, Gült Nr. 1007)
[...] (weiterlesen)
1305: von Bârre (QW 1, 2, 190, Nr. 383 (Regest))
1603: zů Baar (StA. ZG, Gült Nr. 1007)
1240: de Barre (QW 1,1, 193, Nr. 413. UB ZH 2, 33, Nr. 531)
1283: ze Barr (QW 2, 2, 306)
1615: uff die Allmend unnd im große Eich wol uffen gegen bar (ZNbl. 1936, 70)
1233: de Barro (UB ZH 1, 357, Nr. 482; QW 1, 1, 160, Nr. 343)
1598: uff Oßwald Usters Müljmatten Zŭ Baar (BüA. Zg., A 28.9.0, Urb. Spital Zg., fol. 59v)
1240: de Barre (QW 1,1, 192, Nr. 411)
vor 1227: de Barro VIII solidi (Urbare/Rödel ZH, Schnyder 1963, 27, Nr. 28)
1228: curiam nostram in Barro (UB ZH 1, 326, Nr. 446; QW 1,1, 146, Nr. 309)
vor 1232: de Barro (UB ZH 1, 350, Nr. 473; QW 1,1, 156, Nr. 333)
1340/41: von Bârr (QW 1, 3,1, 211, Nr. 313)
1340/41: von Bârr (QW 1, 3, 1, 211, Nr. 313)
1343: de Barr (QW 1, 3,1, 288, Nr. 446 (Regest))
1352: daz ampt von Barr (QW 1,3,1, 702, Nr. 997)
1368: ze Bârr (UB ZG 89)
1379: in decanatu Bare (QW 2, 3, 382)
1393/96: von Bar (QW 2, 3, 216)
1400: in Bar (UB ZG 319)
1495/97: Barr (Türst, Schweizerkarte)
1596: Uff der Badstŭben Zŭ Baar (BüA. Zg., A 13.16.1, Urb. St. Michael Zg., fol. 36v)
1597: seßhafft Zů Baar, genambtt uff der Eck; an die Straß so von Äegrj [sic] gan Zúg unnd gan Baar gadt (StA. ZG, Gült Nr. 949)
1639: die straß Von Zúg gen Baar (BüA. Zg., A 5.26.0, Urb. Pfarrpfrund Ch., unpag.)
1698: Bar (Schweizerkarte H. L. Muoss, Dändliker 1969, 55 und Taf. XV)
1712: Baar (Schweizerkarte J. J. Scheuchzer; vgl. Dändliker 1969, 58 und Taf. XVI)
1717: Bahr (Schweizerkarte H. A. Jaillot; vgl. Dändliker 1969, 60 und Taf. XVII)
um 1770: Baar (Landtwing, Baar)
1770/73: Stras aúf Baar (Landtwing/Klausner, Vogteienkarte)
1796/1802: Barr (Meyer/Weiss, Atlas de la Suisse; vgl. Dändliker 1969, 82 und Taf. XXIII)
1887: Baar (TA Blatt 191 (Zug)))
1045 Kopie 16. Jh.: caetera bona, quae videntur habere in villis … Barra (QW 1, 1, 39, Nr. 78. UBsüdlSG 1, 124, Nr. 124)
1178 Kopie 16. Jh.: [Papst Alexander III. bestätigt dem Kloster Schänis verschiedene Besitzungen, darunter] in Barre sex mansos et dimidium et curtem et quatuor iurnales cum domo molendinaria (QW 1, 1, 80, Nr. 164; UBsüdlSG 1, 176, Nr. 192)
(weniger anzeigen) [1]
|
||||||||||
Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen
10451: Butinchouen, Barra (SGUBsüd I, 124)
11781: in Barra sex mansos et dimidium (SGUBsüd I, 176)
[...] (weiterlesen)
10451: Butinchouen, Barra (SGUBsüd I, 124)
11781: in Barra sex mansos et dimidium (SGUBsüd I, 176)
1228: curiam nostram in Barro (ZHUB I, 326)
1239: curtem nostram … in Barro sitam (ZHUB II, 21)
1240: situm in Barre (ZHUB II, 33)
1276: in der kilcheri ze Barr (ZGRQ I, 47)
1379: in decanatu Bare (QW II/3, 382)
1393-96: Ruͤdi von Bar (QW II/3, 216)
(weniger anzeigen) [3]
|
|||||||||||
Kommentar | 1 Kopie des 16. Jahrhunderts. [3] | ||||||||||
Höchster Punkt | 839 m. ü. M. [2] | ||||||||||
Tiefster Punkt | 421 m. ü. M. [2] | ||||||||||
Fläche | 24.846 km² [2] | ||||||||||
Datensatz | 802001701 | ||||||||||
Datenherkunft | ortsnamen.ch vereint Ortsnamen, Siedlungsnamen und Flurnamen von verschiedenen Schweizer Ortsnamenprojekten und weiteren relevanten Quellen in einer zentralen Datenbank, verknüpft diese Daten und bereitet sie für die Online-Publikation auf (Details).
|